Donnerstag, 28. Dezember 2017
Kleine Bilanz der ersten fast fünfzig Tage
Ich liege auf dem Rücken am Pool, unter mir die warmen Steine, neben mir das glitzernde Wasser und über mir ein Stück blauer Himmel. Die Sonne versteckt sich hinter einer Wolke, die sie von hinten beleuchtet. Drei hohe Häuser ragen über mir in den Himmel. In einem davon wohnen wir, im 24. Stockwerk, das hier 23A heißt, weil vier auf Mandarin wie Tod klingt und deshalb Unglück bringt. Das bezieht sich aber wohl nur auf Stockwerke und die Nummerierung in Fahrstühlen; die Briefkästen im Erdgeschoss dürfen die Vier tragen.

Die Wolken ziehen träge am Haus vorbei. Oder ist es das Haus, das sich bewegt? Ich stelle mir vor, auf einem Kreuzfahrtschiff zu sein. Eben habe ich das Hörbuch „Um es kurz zu machen: Über das unverschämte Glück, auf der Welt zu sein“ von Meike Winnemuth zu Ende gehört. Meike Winnemuth ist die, die auch „Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr“ geschrieben hat. Die Autorin bereiste ein Jahr lang zwölf Städte, in jeder Stadt lebte sie einen Monat. Mich hat das Buch so fasziniert, dass ich etwas Ähnliches jetzt selbst ausprobiere. Wobei wir „nur“ ein halbes Jahr unterwegs und nicht auf einen Monat pro Stadt festgelegt sind. Außerdem haben wir nur die grobe Richtung geplant, nicht aber die genauen Ziele.

Meike Winnemuth wollte herausfinden, wie es ist, wenn man das Leben führt, von dem alle träumen. Wenn man darf, nicht muss. Ich habe Glück, ich darf und kann heute nach unserer Abreise am 11.11.2017 zurückblicken auf drei Tage Frankfurt, zwei Wochen Saigon, eine Woche Siem Reap, eine Woche Kuala Lumpur und bald drei Wochen Puteri Harbour, davon je ein Tag Malakka und Singapur. Es ist gar nicht so viel anders als in Flensburg oder in Miami, wo Arnd und ich die letzten beiden Winter verbracht haben. Der größte Unterschied zu Flensburg ist tatsächlich die Wärme – und die macht dann doch alles anders. Wärme macht mich weich und schwingender, Kälte macht mich starr und unbeweglicher.

Meine Pflichten erfülle ich hier wie da, schreibe Mails, bezahle Rechnungen, wir kümmern uns irgendwie um unsere Familien und Freunde, ich schreibe jeden Tag auf, was mich bewegt, wir kaufen ein, machen Sport, waschen unsere Wäsche, putzen die Wohnung, essen, schlafen, duschen, lieben uns, hören Musik, gucken Tatort. Hier wie da beobachte ich Menschen, knüpfe manchmal Kontakte, lese viel und versuche, so viel wie möglich zu lernen. In Puteri Harbour beginne ich mich zu langweilen; Kultur und Menschen bleiben unnahbar. Vielleicht ist Malaysia im Kern einfach zu introvertiert für mich.

Saigon war spannend, bunt, interessant, laut, schmutzig, bewegend. Siem Reap war ähnlich, aber ruhiger, freundlicher, inspirierend, offensiv, Kuala Lumpur war architektonisch interessant, Malakka touristisch, Singapur glänzend. Puteri Harbour ist Urlaub. In unserem Apartment hängen schöne Bilder an den Wänden, aber ich möchte lieber wieder selber malen. Am 2. Januar fliegen wir nach Australien; ich bin gespannt, wie sich Sydney anfühlt.

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