Samstag, 16. Dezember 2017
Der richtige Platz zum Leben?
Ich kann mir nicht helfen, ich kriege kein Gefühl für diesen Ort. Ich liege am Pool in der Sonne und beobachte die Mitglieder einer Großfamilie, die allesamt komplett bekleidet baden gehen. Auch Männer und Kinder tragen T-Shirts und lange Hosen, die Frauen natürlich ihre Kopftücher und Gewänder. In der Ferne wird geschossen; den ganzen Tag schon hören wir die Schießübungen des Militärs; vermutlich findet in Singapur ein großes Manöver statt.

Arnd kommt zum Schwimmen, dann beschließen wir, nach Johor Bahru zu fahren. Das sollte fix gehen, ist ja nur 22 km entfernt. Nach kurzer Zeit fühle ich mich wie vor Jahren in Kiel, als ich ohne Navi die Autobahn nach Flensburg suchte. Nicht einer der Wege führt dahin, wo er hinsoll; alle naslang ändern die Straßen die Richtung. Nach Karte zu fahren, ist gar nicht so leicht!

Dazu schüttet es wieder wie fast jeden Nachmittag wie aus Eimern und als dann noch unser Tagesziel, das Royal Museum, geschlossen ist, bin ich schon etwas genervt. Endlich erreichen wir den Grenzübergang nach Singapur, wollen heute aber noch nicht „nach drüben“. Mit dem Mietwagen dürfen wir Malaysia ohnehin nicht verlassen. Der Rückweg nach Puteri Harbour ist zum Glück viel leichter zu finden als der Hinweg – Übung macht den Meister.

Mein Gefühl für Malaysia…schwer zu beschreiben. Mir ist, als hätte das Land seine Identität verloren. In Kuala Lumpur haben uns die historischen Tänze etwas in die Geschichte Malaysias eingeführt; diese Geschichte mit Einflüssen aus aller Herren Länder wirkt bunt und lebendig auf mich. Wir haben die Batu Caves und Chinatown besucht; gefühlt sind das Orte mit großer Authentizität.

Ansonsten ist mein Gefühl, dass der Islam und das Geld in weiten Teilen das Dasein bestimmen. Das Wachstum der Metropolen mit voller Globalisierungswucht scheint alles Ursprüngliche zu verdrängen und die gefühlte Regulierung des öffentlichen Lebens durch den Islam empfinde ich als beklemmend. Kein spontanes Küsschen, keine freien Schultern, keine unbedeckten Knie, kein Glas Sekt zur Feier des Tages – und wenn doch, dann mit einem komischen Gefühl.

Jedenfalls empfinde ich das so - besonders, wenn ich Schilder lese, auf denen steht: „No indecent behaviour!“ Natürlich laufen viele Touristen leicht bekleidet herum und es sieht so aus, als würden sie sich keine Gedanken machen. Vielleicht bin ich ja die einzige, der es so geht, aber wenn ich in die Gesichter der Frauen sehe, fühlt es sich für mich so an, als würde ihre Lebensfreude erst unter dem Deckmantel der Religion erstickt und dann durch Konsum in den riesigen Shopping-Malls ersetzt. Vielleicht bilde ich mir das alles aber auch nur ein, wer weiß das schon.

Trotzdem ist es natürlich schön für uns, hier zu sein. Ich genieße den Luxus unseres Apartments, die Wärme und unsere sorglose Zeit. Aber der richtige Platz zum Leben wäre es auf Dauer sicher nicht für mich.

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