Samstag, 27. Januar 2018
Cockatoo Island
Fischerinsel der Eora, Gefängnisinsel für Schwerverbrecher, Erziehungsanstalt für Waisen- und Problemkinder, Schiffswerft.



Cockatoo Island hat eine wechselvolle Geschichte und alles ist irgendwie noch spürbar. Die Qualen der Sträflinge genauso wie die Leiden der Kinder und Jugendlichen, die schweißtreibende Arbeit beim Schiffbau, die Freude und der Stolz beim Stapellauf. Nur die Fischer der Eora sind nicht mehr präsent; vielleicht, weil sie keine Gebäude hinterlassen haben.



Zu sehen sind die Gefängnismauern, die Schlafräume, die Haftzellen, die Gebäude der Aufseher, die Industriebauten und riesigen Fabrikhallen, die heute fast allesamt leer stehen und verfallen. Hin und wieder werden sie genutzt für ein Kunstprojekt, ein Sommerfest oder ein Konzert.



Arnd und ich erkunden die kleine Insel, die bequem per Fähre zu erreichen ist. Ein kleines Hörspiel begleitet uns. Ich habe mir die App „Ghosts of Biloela“ aufs Handy geladen und an verschiedenen Stellen der Insel werden wir Zeuge von Episoden aus dem Leben der Mädchen, die hier erzogen werden sollten, sich aber nicht unterkriegen ließen vom tyrannischen Aufseher. Ich bin ganz gefangen von diesen Geschichten und gar nicht mehr im Hier und Jetzt; es ist, als wäre ich in einer anderen Welt oder Zeit, in einem Goldfischglas oder in der Matrix.



Die Fabrikhallen sind größtenteils leer, bis auf wenige Maschinenteile und Materiallager. Aber gerade die machen die Vergangenheit lebendig und mich ein bisschen traurig. Niemand hat hier aufgeräumt, kaum jemand nutzt diese schönen großen Räume. Hier in dieser warmen Gegend ein solches Atelier zu haben – was für ein Traum! Nicht frieren und mit Farbe nur so um mich schmeißen, das wär´s.

Den Rest des Tages verbringen wir mit Amit und Anusha in einer Pizzeria in Surry Hills. Wieder wird es ein sehr angenehmer Abend.



Wir wundern uns über die vielen kostümierten Menschen. Der Grund ist wohl ein Rugby-Turnier. Trotzdem frage ich einen jungen Mann, der mit einer Tunika bekleidet ist, nach dem Grund: „Why are you dressed like this?“ Die Antwort: „Because I´m a Roman.“ Ach so.

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Australia Day
Oft sind es nicht die Dinge selbst, die uns unglücklich machen, sondern unsere Vorstellung davon. Heute ist so ein Tag. Ich erhalte Informationen, die mich zutiefst beunruhigen, beschäftige mich den halben Tag gedanklich mit allen Eventualitäten, bis sich endlich nach Stunden herausstellt, dass alles ganz anders ist, als ich denke. Verschwendete Lebenszeit. Ich konnte mich schon mal besser abgrenzen. Also in Zukunft erstmal überlegen: Ist es (m)ein Problem und will ich es lösen? Wie mein Freund Peter mir immer wieder sagt: „Raus aus den Köpfen der anderen!“

Und das am Australia Day, dem Nationalfeiertag der Aussies! Heute vor zweihundertdreißig Jahren, am 26. Januar 1788, kam die erste Flotte aus Europa in Sydney Cove an. Um den Kopf wieder frei zu bekommen, machen Arnd und ich uns auf den Weg zum Botanischen Garten, denn im Government House ist Open Day.



Wieder ein hochherrschaftliches Gebäude aus der Gründerzeit und überall freundliche, hilfsbereite und gut gelaunte Menschen. Besucher und Fremdenführer sind mit Freude bei der Sache; es macht richtig Spaß, miteinander ins Gespräch zu kommen.



Im Garten spielt das Polizeiorchester, auf der Terrasse haben ehrenamtliche Mitarbeiter wohltätiger Organisationen ihre Stände aufgebaut und vor dem Haus patrouillieren zwei Polizistinnen zu Pferde. Am Stand der Michael Hughes Foundation bekomme ich Gelegenheit, mich an Puppen in Herzmassage zu üben; mein letzter Erste-Hilfe-Kurs ist viel zu lange her.

Wir schlendern durch den Park zum Hafen, hören der Musik einer Rockband zu und beschließen angesichts der langen Schlangen an den Imbissständen, zu Hause zu essen und zum Feuerwerk zurückzukommen. Um 21 Uhr sind wir wieder am Hafen und es ist so schön.



Beleuchtete Segelboote zeigen eine Formation auf dem Wasser, dann folgt ein fantastisches Feuerwerk, das sich immer weiter steigert bis hin zu mehreren genialen Ausbrüchen, gleich einem multiplen Orgasmus. Ich schreie meine Begeisterung heraus und gleichzeitig meinen Frust über die vertanen Stunden des Tages. Wie gut das tut!

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