Donnerstag, 25. Januar 2018
Wer schreibt, der bleibt
Bücher, Bücher, Bücher. Ich liebe sie, immer schon. Mein Traumberuf war einst Bibliothekarin, stattdessen habe ich eine kaufmännische Lehre gemacht. Was wäre wohl aus mir geworden, wenn ich mir treu geblieben wäre?

Jetzt stehe ich in der State Library und atme Bücherluft. Der Raum ist riesig und altertümlich gediegen. Rundherum Bücherwände bis zur Decke und in der Mitte Lesetische. Es ist ganz still; wenn man etwas sagen will, dann im Flüsterton. „Heilige Hallen“, denke ich und daran, wieviel Leben zwischen zwei Buchdeckel passt. Bücher sind meine Droge.



Alle Bücher, Briefe und was sonst noch hier archiviert wird, findet man fein säuberlich auf Karteikarten registriert. Inzwischen gibt es natürlich auch digitale Dateien, aber die Karten in ihren Kästen sind nach wie vor da.



Spaßeshalber ziehe ich eine der kleinen Schubladen heraus und suche den Namen „Nielsen“. Ich werde fündig. Ein Christian Nielsen hat 1874 einen Brief an Sir William Macarthur geschrieben (William war der jüngste Sohn des Schafzüchters John Macarthur und trat in dessen Fußstapfen, siehe unser Besuch der Elizabeth Farm).



Ich frage die Bibliothekarin (Traumberuf!), wo ich den Brief finde. Unter einer Nummer im digitalen Archiv sind die Scans von ziemlich vielen Briefen zu finden; den einen Brief zu finden, wird abendfüllend. Vielleicht ist Christian ja irgendwie mit mir verwandt!

Nebenan schauen wir uns eine Fotoausstellung an: „The Sydney Morning Herald PHOTOS1440 Exhibition“. Jeder Tag hat eintausendvierhundertundvierzig Minuten. Jede Minute kann einen Augenblick enthalten, der im Foto eingefangen wird und so für immer lebendig bleibt. Diese besonderen Momente sind auf den Pressefotos zu sehen. Die meisten anderen Momente verstreichen einfach so; sie sind nichts Besonderes, niemand hält sie fest.



So ist es auch mit dem geschriebenen Wort: Wer schreibt, der bleibt. Dazu passt der Spruch, den wir in der Eingangshalle der Bibliothek an der Wand entdecken und den ich mir frei übersetze: „In Büchern liegt die Seele der Vergangenheit, eine Stimme, die immer noch spricht, wenn Körper und Materie schon lange wie ein Traum verschwunden sind.“

Ein Grund mehr für mich, meine Gedanken zu Papier zu bringen. Ich mag viele meiner Gedanken und finde es gut, wenn sie nicht gleich wieder weg sind. Und wenn ich gestorben bin, sind meine Gedanken noch lange nicht tot. Und der Gedanke, dass meine Gedanken nicht tot sind, ist wieder so ein Gedanke, den ich mag – ein Gedanke, der nicht stirbt, weil ich ihn aufgeschrieben habe. Guter Gedanke!

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