Dienstag, 6. März 2018
Von Marfa nach Roswell
Wir wachen auf und merken: Es wird nachts verdammt kalt in der Wüste. Mit Heizlüfter geht´s und nach dem Frühstück packen wir unsere Siebensachen, um uns wieder auf den Weg zu machen. Das allerdings nicht, bevor wir Marfa erkundet haben. Ein gewisser Donald Judd soll hier die Welt verändert haben. Ein exzentrischer Künstler aus New York, der die Einsamkeit der Wüste als Inspiration genutzt und hier einiges an Land und Immobilien erworben hat, um Kunst zu machen.



1994 ist er gestorben, aber seine Hinterlassenschaft bleibt. Wir erreichen die Chinati Foundation und stellen fest: Das Museum ist geschlossen. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht trotzdem Zugang bekäme. Ein kurzes Gespräch und wir dürfen uns die „15 untitled works in concrete“ auf eigene Faust angucken. Man stelle sich vor: Donald Judd hat Betonquader in Containergröße auf ein riesiges Steppengrundstück quasi geworfen und zur Interpretation freigegeben. Innen sind sie hohl und außen haben sie mehr oder weniger Wände, so dass die Landschaft immer Teil des Kunstwerks ist. Ich bin fasziniert vom Mut und von der Konsequenz des Künstlers. Ein unbequemer Mensch, sehr überzeugt von dem, was er tut und wenig nachsichtig mit anderen.



Marfa und die Wüste: ein Gesamtkunstwerk, genau wie die Häuser, in denen Judd gelebt hat und das Werk „dawn to dusk“ von Robert Irwin, das wir auch noch kurz in Augenschein nehmen: ein Haus in Hufeisenform, rechts hell, links dunkel, so dass man auf dem Weg durch das Haus wie einmal durch den Tag geht. Alles sehr abgefahren.



Nach einem kurzen Blick in das angesagte Hotel Saint George fahren wir tatsächlich ab: Richtung Roswell. Der Weg ist das Ziel und einfach unbeschreiblich. Es geht durch endlose Steppe; nur übers Meer kann man so weit sehen. Kaum ein Auto begegnet uns. Wir fahren durch einsame Hügellandschaften mit atemberaubenden Blicken; der Himmel ist weit und blau, die Wolken malen Bilder, das Land ist unfassbar karg und leer und wunderschön.



Gegen 18 Uhr sind wir in Roswell und der Tag beschenkt uns weiter. Jessie und Scott sind unsere Gastgeber für eine Nacht. Sie ist Ärztin, er organisiert Abenteuertouren mit dem Motorrad und bei Käse, Wein und Bier reden und reden und reden wir – über uns, über das Leben und über das Sterben. Ein wunderbarer Abend nach einem so prächtigen Tag; ich bin einfach nur dankbar für all die Eindrücke, Gefühle und Bilder, die lieben Menschen und die herzlichen Begegnungen.

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