Mittwoch, 28. März 2018
Scientology, die Zweite
Ich kann´s nicht lassen. Als wir auf der gegenüberliegenden Straßenseite das sekteneigene Psychiatriemuseum („An Industry of Death Museum“) entdecken, muss ich rein. Wie anscheinend üblich bei Scientology kommt man zuerst in eine imposante Vorhalle und muss sich registrieren. Wir stehen vor dem Tresen und als hinter uns die Türen geschlossen werden, wird mir doch etwas mulmig. Ein bisschen paranoid melde ich mich unter falschem Namen an – sicher ist sicher, man hört ja so einiges. Hoffentlich lesen die meinen Blog nicht!



Dann öffnet sich die Tür zum Horrorkabinett. Ein sehr lauter Einführungsfilm führt uns das grausame Schicksal von Psychiatrieopfern vor Augen, danach betreten wir düstere Räume mit Darstellungen von allem, was der Folterkeller hergibt. In der Tat hat die Psychiatrie vergangener Zeiten ein recht großes Repertoire an zweifelhaften Methoden im Portfolio und auch heute ist gewiss nicht alles Gold, was glänzt.

Weiter geht es mit Holocaust, Apartheid, ADHS, den zerstörten Leben von Marylin, Elvis & Co., Terrorismus, Krieg und Amokläufen. Schuld ist immer die Psychoindustrie, getrieben von der Gier nach Macht und Geld. Dahinter steht eine riesige Verschwörung mit einem Masterplan, den ich aber gerade nicht ganz nachvollziehen kann. Zum Glück gibt es selbstlose Menschen wie Herrn Hubbard, die aufklären und Hilfe anbieten. „Vom Regen in die Traufe“, würde ich sagen.

Wir begegnen einer kleinen Gruppe von Menschen. Jeder zweite trägt den Scientology-Button und man lauscht gebannt den Ausführungen eines großen farbigen Mannes. Ob die mit Button die ohne Button gleich noch bearbeiten sollen? Wir erfahren es nicht, denn Arnd hat die Nase voll. Als wir das „Museum“ verlassen, sind wir gerettet: Uns empfängt ein heller Raum und über uns prangt der Schriftzug „You are safe“ – Scientology sei Dank!

Wir dürfen kostenlos Literatur mitnehmen, Filme, Bücher und T-Shirts kaufen, für Opfer von Elektroschocks oder das Museum spenden. Und wenn uns die Darstellungen genug erschüttert haben oder wir andere (psychische) Probleme haben, bietet Scientology gegen Bares bestimmt gern weitere Hilfe an. Soweit ich sehe, werden im Konferenzraum nebenan gerade eifrig Verkaufsgespräche geführt, ach nein, Probleme gelöst.

Wieder auf der Straße müssen wir uns erstmal sortieren. Was für ein gruseliges Erlebnis! Ich drehe mich mehrmals um und vergewissere mich, dass uns niemand folgt. Jetzt aber schnell auf andere Gedanken kommen und zurück zum Hollywood Boulevard. Dort unterhalten wir uns dann sehr nett mit den Zeugen Jehovas, die immerhin das Paradies im Angebot haben. Auch das lehnen wir dankend ab und geben uns stattdessen den Freuden des Diesseits hin.

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