Sonntag, 4. März 2018
Remember the Alamo!
Vollkommen fasziniert hänge ich an den Lippen des als Wild-West-Siedler verkleideten Lehrers Mike, der die Geschichte der Schlacht von Alamo und des Staates Texas zum Besten gibt. Wir stehen in der ehemaligen Festung im Zentrum San Antonios, dem Schauplatz der berühmten Schlacht von 1836. Beim heroischen Versuch, die texanische Freiheit (sprich das Recht, Sklaven zu halten) gegen Mexiko zu verteidigen, sterben auf texanischer Seite alle zweihundert Mann. Der Schlachtruf „Remember the Alamo!“ steht bis heute für den Stolz und Freiheitswillen der Texaner.



Genüsslich beschreibt Mike auch das Leben des korrupten mexikanischen Anführers Santa Anna: Achtmal ist er Präsident/Diktator von Mexiko, fünfmal landet er „lebenslänglich“ im Exil und am Ende verkauft er 1848 zwei Fünftel der mexikanischen Staatsfläche an Amerika. Im Anschluss an seine Geschichte lässt auch Mike es sich nicht nehmen, mich mit Tipps für die Weiterreise zu versorgen. Ich notiere.

Arnd macht inzwischen die Bekanntschaft von drei bayerischen Siemens-Mitarbeitern, die geschäftlich in San Antonio sind. Dann wandern wir über das Gelände. Eine Countryband spielt und zwei Paare tanzen im Nieselregen. Wir stärken uns mit Bier und Grillwurst, bevor wir uns auf den Weg zum Riverwalk machen. Der San Antonio River fließt unter Brücken und Straßen hindurch, gesäumt von gemütlichen Gehwegen und Restaurants. Das spanisch-mexikanische Ambiente gefällt mir sehr!



Dann finden wir uns plötzlich in einem bayerischen Lokal wieder und sofort werden wir auf deutsch von Stephanie und ihrer Mutter angesprochen. Letztere ist vor Jahrzehnten aus Deutschland ausgewandert und beide nutzen jede Gelegenheit, deutsch zu sprechen. Stephanie hat Urlaub; sie ist als Soldatin für ein Jahr in Korea stationiert. Wir unterhalten uns prächtig – ich liebe diese netten spontanen Begegnungen!



Und ich bin ganz verliebt in San Antonio, das ist eine Stadt zum Wiederkommen! Auch Texas gefällt mir, es erinnert mich an Bayern: reich, sauber, sehr selbstbewusst und irgendwie anders als der Rest der Welt.

Anders als der Rest der Welt sind auch unsere Gastgeber heute Abend. Wir beginnen damit, das Haus zu bewundern. Erbaut wurde es von Keki Kotwal, einem Zahnarzt und Repräsentanten des Indischen Cricketclubs. Er und seine Frau sammelten Darstellungen nackter Menschen aus aller Welt und das Haus war seinerzeit vollgestopft mit Bildern, Statuen und anderen Kunstwerken. Um das alles unterzubringen, vergrößerten sie das Haus um zahllose Anbauten. Tania und Samuel sind erst vor wenigen Monaten eingezogen und wundern sich immer noch über die Ausmaße des Hauses.



Tania stammt aus Mexiko und serviert uns leckere Gerichte aus ihrer Heimat; wir steuern eine Auswahl verschiedener mexikanischer Biere bei. Wir erwarten, dass Tania und Samuel mehr über unsere Reise erfahren möchten, aber die Unterhaltung bewegt sich in eine völlig andere Richtung und wird intellektuell anspruchsvoll. Unsere Gastgeber sind Anhänger des Anarchokapitalismus und wollen Freiheit statt Demokratie. Steuern und die Unterstützung Bedürftiger gehören abgeschafft, statt gewählter Volksvertreter sollen natürliche Eliten die Ordnung aufrecht erhalten. Nachzulesen ist diese Philosophie bei Hans-Hermann Hoppe oder auch bei Chase Rachels, dessen Buch „Spontaneous Order“ Samuel mir schenkt. Leider können wir die Diskussion nicht vertiefen, denn nach zwei Stunden müssen Tania und Samuel los; Samuel hat noch einen Auftritt als Musiker bei einem Salsakonzert.

Man kann es nicht oft genug sagen: Reisen bildet.

... link (0 Kommentare)   ... comment