Montag, 12. Februar 2018
Erstklassige Beerdigungen
Ich fahre die Jungs zum Segelclub, dann habe ich frei. Nach drei Vormittagen im Fitnessstudio werde ich heute wieder Geist und Seele bewegen. Ich entscheide mich für das Frost Art Museum. Eine gute Wahl. Gleich am Eingang zur ersten Ausstellung treffe ich zwei Frauen und die ältere der beiden erzählt mir, was es mit „The Birmingham Project“ auf sich hat.

Birmingham, Alabama: Am 15. September 1963 töten vier weiße Männer mittleren Alters, Mitglieder des Ku-Klux-Klans, vier Mädchen (eines gerade elf Jahre, die anderen vierzehn Jahre alt) und verletzen mindestens vierzehn weitere junge Menschen zum Teil sehr schwer. Um 10.22 Uhr explodiert die an der Treppe zur Kirche deponierte Bombe – die Sonntagsschule der Kinder ist gerade zu Ende. Die vier Mädchen sind im Waschraum, als sie sterben. Ein fünftes Mädchen verliert ein Auge, dazu die Schwester und zwei Freundinnen. Eine Woche zuvor hatte der Gouverneur von Alabama erklärt, man brauche, um die Zuwanderung zu stoppen, ein paar „erstklassige Beerdigungen“. Thomas, Herman, Robert und Bobby nahmen die Sache in die Hand.

Dawoud Bey ist zum Zeitpunkt des Attentats zehn Jahre alt, mit elf sieht er ein Foto des fünften Mädchens, wie es mit verbundenen Augen im Krankenhaus liegt. Dieses Bild lässt ihn nicht los; er ist der Fotograf, der fünfzig Jahre später verantwortlich ist für die Ausstellung. Seine Haut ist dunkel, genau wie die der getöteten und verletzten jungen Menschen und Kinder. Fünfzig Jahre nach dem Attentat fotografiert Bey junge und alte Menschen, die heute in Birmingham, Alabama leben. Auf den Schwarz-Weiß-Bildern ist immer ein junger neben einem älteren Menschen abgebildet. Der junge Mensch steht für das Opfer zum Zeitpunkt des Attentats, der ältere steht für den Menschen, der er oder sie heute sein könnte (oder hätte werden können).



Denise, Addie Mae, Carole und Cynthia – ich denke an euch. Ein Jahr nach eurem Tod wurde mit dem Civil Rights Act die Rassentrennung verboten. Eure „erstklassigen Beerdigungen“ haben dazu beigetragen, denn das Attentat veränderte die Gesellschaft. Thomas, Herman, Robert und Bobby, habt ihr wirklich gedacht, ihr tut das Richtige? Dass ihr genau das Gegenteil erreicht habt, tröstet ein wenig.

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