Donnerstag, 22. Februar 2018
Das weiße Schloss von Louisiana
Fünftausend Quadratmeter Wohnfläche, vierundsechzig Räume, drei Bäder mit fließend Wasser (kalt und warm!) und Spültoiletten (!!), ein weißer Ballsaal für große Gesellschaften und eine Bowlingbahn für die Familie: Das ist Nottoway, das „Weiße Schloss von Louisiana“.



John Hampden Randolph ist der Bauherr. Nach vier Jahren Bauzeit ist Nottoway 1859 bezugsfertig für die große Familie: John und seine Frau Emily (seine große Liebe) haben am Ende elf Kinder, die alle das Erwachsenenalter erreichen – das ist schon etwas Besonderes in diesen Zeiten.



John ist Geschäftsmann durch und durch. Zunächst bewirtschaftet er Baumwollplantagen. Als der Preis für Baumwolle sinkt, wendet er sich dem Anbau von Zuckerrohr zu. Eine Erbschaft seiner Frau ermöglicht ihm die geschäftliche Expansion. Den Krieg, der 1861 beginnt, sieht er kritisch, denn die Landwirtschaft des Südens und die Industrie des Nordens brauchen einander. Aus kaufmännischer Sicht (nicht nur, aber auch) ist der Krieg unsinnig. Drei seiner Söhne ziehen in den Kampf; der Tod des ältesten hinterlässt Wunden, die nie wieder heilen, ein zweiter Sohn erholt sich zeit seines Lebens nicht von seinen traumatischen Kriegserlebnissen.



John erkennt, dass motivierte Arbeiter – auch wenn sie Sklaven sind – bessere Leistung bringen. Darum sorgt er für verhältnismäßig gute Bedingungen. Die Unterkünfte sind weiß getüncht, es gibt ein Waschhaus, medizinische Versorgung, freie Tage, die Erlaubnis, Tiere zu jagen und zu halten und die Verpflegung ist besser als auf anderen Plantagen. Außerdem kauft und belässt John seine Sklaven immer im Familienverbund, damit sie einen Grund haben zu bleiben und nicht fortlaufen.

John ist ein Familienmensch. Er genießt die Zeit, die er mit Frau und Kindern verbringt. Eine Sonderstellung hat Tochter Cornelia. Sie malt, musiziert und schreibt Tagebuch. Nach dem Tod des Vaters veröffentlicht sie es abgewandelt unter dem Pseudonym M. R. Ailenroc: „The White Castle of Louisiana“. Sie widmet es ihrem Vater und allen, die „seine kindliche Zuversicht und seinen noblen Charakter“ haben. Ich lese das und denke an meinen Papa; das Buch ist dann wohl auch ihm gewidmet.

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