Sonntag, 4. Februar 2018
Eleonore
Eleonore ist tot. Am 28. Januar ist sie mitten im Telefonat mit Fritz gestorben. Sie war achtundachtzig Jahre alt und Fritz vermisst sie sehr; sie war wie eine Mutter für ihn.



Am Samstag ist Eleonore gestorben und am Dienstag ist Fritz in seine neue Wohnung gezogen, direkt neben Eleonores Wohnung. Jetzt ist es seine Aufgabe, diese Wohnung aufzulösen und die Trauerfeier für Eleonore abzuhalten. Eleonores Tod und sein Umzug sind viel auf einmal und Fritz weiß nicht, wie er unseren letzten Besuch organisieren soll. Das muss er auch nicht, denn das übernimmt seine Tochter Sandra. Sie holt uns an der Bahnstation ab.

Dann sitzen wir mit Fritz, seiner guten Freundin Karen und Sandra beim Tee in Fritz´ nagelneuem Wohnzimmer und alles ist gut und richtig, so wie es ist. Eleonore ist gestorben, wie sie es sich gewünscht hat – ohne zu leiden, ganz schnell. Es ist ja so: Selbst am Grab des liebsten Menschen weint man immer nur um sich selbst.



Wir gehen rüber in Eleonores Wohnung, denken an sie und schweigen. Wir waren nur einmal zum Kaffee bei ihr, aber Fritz meint, dadurch seien wir ein Teil ihres Lebens geworden und er bittet uns, irgend etwas aus ihrer Wohnung als Geschenk von Eleonore mitzunehmen. Ich wandere durch die Räume und sehe mir die Bilder an – allesamt Gemälde, die Eleonores lange verstorbener Mann gemalt hat. Ich entscheide mich für das Bild einer kleinen Bucht. Arnd löst es aus dem Rahmen, damit wir es mitnehmen können. Ich freue mich und bedanke mich im Stillen bei Eleonore.



Dann machen Fritz, Karen, Sandra, Arnd und ich im warmen Sonnenschein einen Spaziergang zu eben dieser kleinen Bucht und Fritz erzählt mir von Eleonore. Sie und ihr Mann waren reich, wussten aber nichts Rechtes mit ihrem Reichtum anzufangen; sie haben sich wohl eher das Leben schwer gemacht, anstatt es zu genießen. Nach dem Tod ihres Mannes wohnte Eleonore die letzten fünfundzwanzig Jahre hier in ihrer Wohnung, recht zufrieden in ihrer kleinen Welt, wozu sicher auch Fritz seinen Teil beitrug. Jeden Tag hat er sie zweimal angerufen; auch das fehlt ihm jetzt. Aber neben der Trauer ist da auch die Erleichterung darüber, dass sie nicht leiden musste und die Freude über die neue Wohnung – trotzdem.

Ich bin froh, dass wir heute noch einmal in Woy Woy sind, an unserem letzten Tag in Australien.

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