Donnerstag, 16. November 2017
Cu Chi
Sicher sei ich früher, als ich jung war, eine sehr hübsche Frau gewesen. Das meint Khoi, unser heutiger Reiseführer, tatsächlich als Kompliment. Zum Glück mag Arnd mich auch alt und hässlich noch leiden...

Eigentlich wollen wir uns heute im Anschluss nach einem Bummel durch das Backpackerviertel das Ho-Chi-Minh-Museum ansehen, aber daraus wird wieder nichts. Stattdessen entscheiden wir uns kurzerhand für die Bustour zum Tunnelareal von Cu Chi.

Unterwegs machen wir Pause, um uns Kunsthandwerk anzusehen, gefertigt von Opfern der Agent-Orange-Attacken der Amerikaner. Diese Menschen seien missgebildet zur Welt gekommen, weil ihre Mütter von verseuchtem Wasser getrunken hätten. Wir sehen, wie die Frauen und Männer in etlichen Arbeitsgängen Bilder aus Splittern von Eierschalen, Perlmutt, Lack und Farbe herstellen. Ich bin schwer beeindruckt und schon zum Kauf eines kleinen Bechers überredet. Später sehe ich dieses Kunsthandwerk überall zu einem Fünftel des Preises. Ich bin hin und her gerissen. Einerseits fühle ich mich wie das Opfer einer Kaffeefahrt, andererseits empfinde ich den Preis, den ich gezahlt habe, als angemessen.

In Cu Chi zeigt Khoi uns die Waffen, Fallen und Verstecke der Vietkong-Guerillakämpfer. Wir krabbeln durch einen 100 m langen Tunnel, der bereits vergrößert wurde, damit auch Europäer und Amerikaner durchpassen. Trotzdem: Es ist eng, dunkel, schmutzig und heiß.





Aber das ist es nicht, was mich heute am meisten beeindruckt. Sie sind so klein, so kreativ, so zäh, so bienenfleißig und so unermüdlich, diese Vietnamesen. Im Krieg und im Frieden. Aus ganz wenig machen sie ganz viel. Im Krieg haben sie die nicht gezündeten amerikanischen Bomben zersägt und den Sprengstoff recycelt. Weil es auf der Erde nicht sicher war, haben sie Tunnel in drei unterirdischen Etagen gegraben und so überlebt. Im Frieden zerlegen sie kaputte elektrische Geräte in ihre Einzelteile und bieten alles fein säuberlich sortiert zum Kauf an. Wer zu wenig oder keine eigene Ladenfläche hat, nutzt den Bürgersteig als Garküche, Verkaufsstand, Nähatelier, Werkstatt oder Moped-Parkplatz.

Auch unser Reiseleiter Khoi ist ein gutes Beispiel für diese Energie. Er ist gerade einmal 20 Jahre alt, bringt sich seit zwei Jahren selbst englisch bei, geht vormittags zur Highschool und macht nachmittags Touristenführungen. Respekt! Nur an seiner Art, Komplimente zu machen, kann er noch arbeiten...

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