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Donnerstag, 23. November 2017
Tag ohne Plan
anjaontour, 16:20h
Wir stehen am Wasserbusanleger: Wegen Renovierung geschlossen. Also heute keine gepflegte Tour auf dem Saigonriver. Wir wandern weiter und es ist wirklich sehr heiß. Aber immerhin eine gute Gelegenheit, das Ho-Chi-Minh-Denkmal aus der Nähe zu sehen. Oder doch nicht - wegen Renovierung (?) eingerüstet.

Zudem ist Arnd gerade ein bisschen unmotiviert; ich glaube, im Moment ist ihm alles etwas zu viel - die Hitze, die Großstadt, der Lärm, der Dreck. Der Kaffee heute morgen war auch Mist. Ich überlege, wie ich Arnd aufheitern kann.
Da taucht vor mir das Luxus-5-Sterne-Hotel Rex auf. Sehr schick, klimatisiert und ruhig, eine Oase. Wir betreten das Foyer beziehungsweise die gefühlt teuerste Ladenpassage in Saigon: Chanel, Bulgari, Rolex, Dolce & Gabbana... alle sind sie hier versammelt. Das Rex war im Vietnamkrieg Truppen- und Journalistenbasis und gehört heute dem Staat, sieht aber immer noch sehr nobel aus. Wir nehme den Fahrstuhl nach ganz oben und befinden uns sogleich an der Poolbar. Zeit für eine Runde Billard und die Welt ist auch für Arnd wieder in Ordnung.
Noch besser wird es für mich, als ich mir später in einem der zahllosen Massagesalons eine Fußbehandlung gönne. Geübte Hände widmen sich liebevoll meinen Füßen. Ich bin so entspannt, dass ich fast einschlafe. Auch Arnd hat die Pause gut getan.

Wir „schwimmen“ weiter, vorbei an den vielen Straßenhändlern, den Garküchen, den kleinen und großen Geschäften, durch den Verkehrsstrom, das Hupkonzert, die Abgassuppe. Natürlich sehen wir uns den Ben-Thanh-Markt an, eine riesige Markthalle, in der die Stände dicht an dicht stehen, die Ware bis zur Decke gestapelt ist und die Händler teilweise enorm hartnäckig sind. Hier kann man wirklich alles bekommen, was das Touriherz begehrt. Wir kaufen nichts außer einem Päckchen Instantkaffee, endlich einer ohne Zucker. Da wird morgen das Frühstück zum Fest!
Arnds Herz schlägt noch höher, als wir einen (natürlich klimatisierten) Elektronikmarkt betreten. Auf vier Stockwerken ist das Angebot unfassbar groß. Vom Flatscreen in Kinoleinwandgröße über Klimaanlagen und Waschmaschinen bis zu Kaffeemaschinen und Rasierapparaten gibt es hier alles und zwar in einer riesigen Markenvielfalt. Mediamarkt und Saturn können einpacken! Von der Personaldichte gar nicht zu reden. Hier hat gefühlt jede Waschmaschine ihren eigenen Verkäufer.
Mit diesem erbaulichen Erlebnis beenden wir unsere heutige Erkundungstour. Im Backpackerviertel essen wir hausgemachte Pasta beim Italiener; die Zeit der kulinarischen Experimente ist erstmal vorbei. Dann geht es gemütlich nach Hause und ich nehme noch ein Abendbad im Pool.
Ich liebe diese ungeplanten Tage - loslaufen und gucken, was passiert. Und ich mag diese Stadt. Sie ist groß und wuselig und laut und dreckig, aber genauso bunt und facettenreich, kreativ und freundlich und warm.

Zudem ist Arnd gerade ein bisschen unmotiviert; ich glaube, im Moment ist ihm alles etwas zu viel - die Hitze, die Großstadt, der Lärm, der Dreck. Der Kaffee heute morgen war auch Mist. Ich überlege, wie ich Arnd aufheitern kann.
Da taucht vor mir das Luxus-5-Sterne-Hotel Rex auf. Sehr schick, klimatisiert und ruhig, eine Oase. Wir betreten das Foyer beziehungsweise die gefühlt teuerste Ladenpassage in Saigon: Chanel, Bulgari, Rolex, Dolce & Gabbana... alle sind sie hier versammelt. Das Rex war im Vietnamkrieg Truppen- und Journalistenbasis und gehört heute dem Staat, sieht aber immer noch sehr nobel aus. Wir nehme den Fahrstuhl nach ganz oben und befinden uns sogleich an der Poolbar. Zeit für eine Runde Billard und die Welt ist auch für Arnd wieder in Ordnung.
Noch besser wird es für mich, als ich mir später in einem der zahllosen Massagesalons eine Fußbehandlung gönne. Geübte Hände widmen sich liebevoll meinen Füßen. Ich bin so entspannt, dass ich fast einschlafe. Auch Arnd hat die Pause gut getan.

Wir „schwimmen“ weiter, vorbei an den vielen Straßenhändlern, den Garküchen, den kleinen und großen Geschäften, durch den Verkehrsstrom, das Hupkonzert, die Abgassuppe. Natürlich sehen wir uns den Ben-Thanh-Markt an, eine riesige Markthalle, in der die Stände dicht an dicht stehen, die Ware bis zur Decke gestapelt ist und die Händler teilweise enorm hartnäckig sind. Hier kann man wirklich alles bekommen, was das Touriherz begehrt. Wir kaufen nichts außer einem Päckchen Instantkaffee, endlich einer ohne Zucker. Da wird morgen das Frühstück zum Fest!
Arnds Herz schlägt noch höher, als wir einen (natürlich klimatisierten) Elektronikmarkt betreten. Auf vier Stockwerken ist das Angebot unfassbar groß. Vom Flatscreen in Kinoleinwandgröße über Klimaanlagen und Waschmaschinen bis zu Kaffeemaschinen und Rasierapparaten gibt es hier alles und zwar in einer riesigen Markenvielfalt. Mediamarkt und Saturn können einpacken! Von der Personaldichte gar nicht zu reden. Hier hat gefühlt jede Waschmaschine ihren eigenen Verkäufer.
Mit diesem erbaulichen Erlebnis beenden wir unsere heutige Erkundungstour. Im Backpackerviertel essen wir hausgemachte Pasta beim Italiener; die Zeit der kulinarischen Experimente ist erstmal vorbei. Dann geht es gemütlich nach Hause und ich nehme noch ein Abendbad im Pool.
Ich liebe diese ungeplanten Tage - loslaufen und gucken, was passiert. Und ich mag diese Stadt. Sie ist groß und wuselig und laut und dreckig, aber genauso bunt und facettenreich, kreativ und freundlich und warm.
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Mittwoch, 22. November 2017
Krieg
anjaontour, 16:47h
Unter dem Foto steht: „Als auf diese beiden Jungen geschossen wurde, stürzte der ältere auf den jüngeren, als wollte er ihn beschützen. Dann machten die Typen sie endgültig fertig.“

Wie alt mögen die kleinen Jungen gewesen sein? Der ältere sechs oder acht, der jüngere vier Jahre alt? Zwei der drei Millionen Vietnamesen, die im Vietnamkrieg gestorben sind. Dazu zwei Millionen verletzte und 300.000 vermisste Menschen.
Wir sind im War Remnants Museum. Es ist das Museum der Kriegsverbrechen. Aber ist nicht Krieg an sich schon ein Verbrechen?
Ich stehe vor dem Foto der beiden kleinen Jungen und muss weinen. Ich denke an meine Kinder.
Dann sehe ich Bilder der missgebildeten Menschen, die noch heute unter den Folgen der Dioxinausbringung („Agent Orange“) leiden und frage mich erschüttert: Warum heißt es eigentlich Siamesische und nicht Vietnamesische Zwillinge?
Wer hat das alles befohlen? Wer hat mitgemacht? Definitiv nicht die beiden jungen Amerikaner, die sich aus Protest selbst verbrannt haben, der eine vor dem UN-Gebäude, der andere vor dem Pentagon. Aber so viele andere. Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin...
Als wir kurz vor Toresschluss noch einen Schlenker seitwärts machen, stehen wir plötzlich vor Käfigen, einer Guillotine und Folterinstrumenten. Ich frage mich, wie es passiert, dass Menschen nicht mehr das Menschliche in ihrem Gegenüber sehen, kein Mitgefühl haben, sondern augenscheinlich sogar Freude haben am Quälen und Töten.
Und dennoch: Dieses Museum ist dem Frieden gewidmet. Der Sticker, den wir gleich am Eingang bekommen, zeigt eine Friedenstaube. Der Besuch wühlt mich auf, ich bin wütend und traurig und muss dem Tod jetzt etwas entgegensetzen.
Also hinaus in die brodelnde Stadt. Ich will ein Steak. So widersinnig es klingt, ich will meine Zähne in Fleisch graben und spüren, dass ich lebe. Wir haben so ein verdammtes Glück, in einer friedlichen Welt zu leben. Es gibt so furchtbar viele Menschen, die dieses Glück nicht haben.
Nach dem Essen - diesmal in einem netten italienischen Restaurant - treiben wir mit dem Strom nach Hause und ich fühle mich gut und sicher.

Wie alt mögen die kleinen Jungen gewesen sein? Der ältere sechs oder acht, der jüngere vier Jahre alt? Zwei der drei Millionen Vietnamesen, die im Vietnamkrieg gestorben sind. Dazu zwei Millionen verletzte und 300.000 vermisste Menschen.
Wir sind im War Remnants Museum. Es ist das Museum der Kriegsverbrechen. Aber ist nicht Krieg an sich schon ein Verbrechen?
Ich stehe vor dem Foto der beiden kleinen Jungen und muss weinen. Ich denke an meine Kinder.
Dann sehe ich Bilder der missgebildeten Menschen, die noch heute unter den Folgen der Dioxinausbringung („Agent Orange“) leiden und frage mich erschüttert: Warum heißt es eigentlich Siamesische und nicht Vietnamesische Zwillinge?
Wer hat das alles befohlen? Wer hat mitgemacht? Definitiv nicht die beiden jungen Amerikaner, die sich aus Protest selbst verbrannt haben, der eine vor dem UN-Gebäude, der andere vor dem Pentagon. Aber so viele andere. Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin...
Als wir kurz vor Toresschluss noch einen Schlenker seitwärts machen, stehen wir plötzlich vor Käfigen, einer Guillotine und Folterinstrumenten. Ich frage mich, wie es passiert, dass Menschen nicht mehr das Menschliche in ihrem Gegenüber sehen, kein Mitgefühl haben, sondern augenscheinlich sogar Freude haben am Quälen und Töten.
Und dennoch: Dieses Museum ist dem Frieden gewidmet. Der Sticker, den wir gleich am Eingang bekommen, zeigt eine Friedenstaube. Der Besuch wühlt mich auf, ich bin wütend und traurig und muss dem Tod jetzt etwas entgegensetzen.
Also hinaus in die brodelnde Stadt. Ich will ein Steak. So widersinnig es klingt, ich will meine Zähne in Fleisch graben und spüren, dass ich lebe. Wir haben so ein verdammtes Glück, in einer friedlichen Welt zu leben. Es gibt so furchtbar viele Menschen, die dieses Glück nicht haben.
Nach dem Essen - diesmal in einem netten italienischen Restaurant - treiben wir mit dem Strom nach Hause und ich fühle mich gut und sicher.
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Dienstag, 21. November 2017
Touri-Pflichtprogramm
anjaontour, 15:56h
Nach einem europäischen Frühstück (!) machen wir uns einigermaßen gesundet wieder auf den Weg. Heute gibt es ein bisschen Touri-Pflichtprogramm. Das Ho-Chi-Minh-City-Museum, unsere erste Station, ähnelt einem deutschen Heimatkundemuseum aus den Siebzigern und wir fragen uns: Was wäre Saigons Museumslandschaft ohne die vielen Kriegsrelikte?
Die Franzosen haben hier einige sehr schöne Bauten hinterlassen. Wir passieren die Oper, vor der ein Brautpaar posiert. Aus unerfindlichen Gründen wählen sie jedoch als Hintergrund nicht die Oper, sondern die Straße.

Zum Besuch eines vietnamesischen Musicals werde ich Arnd wohl nicht überreden können, fürchte ich. Sein Spruch des Tages: „Mit dir bin ich so viel zu Fuß unterwegs wie in den gesamten zwanzig Jahren vorher nicht.“ Da will ich ihn nicht zu sehr strapazieren...
Aber in den Wiedervereinigungspalast müssen wir! Eine großartige Immobilie, seit 1990 Museum, 20.000 qm auf fünf Etagen: Großzügige lichtdurchflutete Räume zum Regieren, Konferieren, Speisen und Wohnen, das Mobiliar etwas zu opulent, ein kleines Kino, eine Bibliothek, ein Spielzimmer mit Billardtisch, dazu ein schicker Partyraum im Dachgeschoss (was wäre wohl passiert, wenn dieser Raum - wie vom Architekten vorgesehen - Meditationsraum geblieben wäre, in dem der Präsident zur Ruhe und zu weisen Entscheidungen für sein Volk kommen sollte?), daneben der Hubschrauberlandeplatz und ein Bunker im Keller nebst Schießstand. Ein unerwartetes Highlight ist der idyllische Innenhof mit privaten Räumlichkeiten drumherum. So schön und hier haben sie Krieg geführt; die vielen Wandkarten im Bürotrakt und im Bunker zeugen von Strategien, Entscheidungen über Leben und Tod, Verteidigung und Angriff. Das fühlt sich so unwirklich an in dieser friedlichen Umgebung, in der Menschen aus der ganzen Welt die Architektur des Palastes bewundern, Fotos machen, herumalbern und schwitzen. Eine Klimaanlage gibt es nämlich nur in vier Räumen im Untergeschoss, in denen ein Dokumentarfilm zur Geschichte des Palastes gezeigt wird. Hier überstehen wir auch glücklich den heutigen Platzregen.

Um 17 Uhr ist Feierabend im Palast. Wir werfen noch ein paar Blicke auf historische Gebäude: Rathaus, Postgebäude und die Kathedrale Notre-Dame. Letztere ist wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Aber wir sind jetzt auch hungrig. Hungrig und nicht experimentierfreudig. Heute essen wir bei McDonald´s, da weiß man, was man hat!

Die Franzosen haben hier einige sehr schöne Bauten hinterlassen. Wir passieren die Oper, vor der ein Brautpaar posiert. Aus unerfindlichen Gründen wählen sie jedoch als Hintergrund nicht die Oper, sondern die Straße.

Zum Besuch eines vietnamesischen Musicals werde ich Arnd wohl nicht überreden können, fürchte ich. Sein Spruch des Tages: „Mit dir bin ich so viel zu Fuß unterwegs wie in den gesamten zwanzig Jahren vorher nicht.“ Da will ich ihn nicht zu sehr strapazieren...
Aber in den Wiedervereinigungspalast müssen wir! Eine großartige Immobilie, seit 1990 Museum, 20.000 qm auf fünf Etagen: Großzügige lichtdurchflutete Räume zum Regieren, Konferieren, Speisen und Wohnen, das Mobiliar etwas zu opulent, ein kleines Kino, eine Bibliothek, ein Spielzimmer mit Billardtisch, dazu ein schicker Partyraum im Dachgeschoss (was wäre wohl passiert, wenn dieser Raum - wie vom Architekten vorgesehen - Meditationsraum geblieben wäre, in dem der Präsident zur Ruhe und zu weisen Entscheidungen für sein Volk kommen sollte?), daneben der Hubschrauberlandeplatz und ein Bunker im Keller nebst Schießstand. Ein unerwartetes Highlight ist der idyllische Innenhof mit privaten Räumlichkeiten drumherum. So schön und hier haben sie Krieg geführt; die vielen Wandkarten im Bürotrakt und im Bunker zeugen von Strategien, Entscheidungen über Leben und Tod, Verteidigung und Angriff. Das fühlt sich so unwirklich an in dieser friedlichen Umgebung, in der Menschen aus der ganzen Welt die Architektur des Palastes bewundern, Fotos machen, herumalbern und schwitzen. Eine Klimaanlage gibt es nämlich nur in vier Räumen im Untergeschoss, in denen ein Dokumentarfilm zur Geschichte des Palastes gezeigt wird. Hier überstehen wir auch glücklich den heutigen Platzregen.

Um 17 Uhr ist Feierabend im Palast. Wir werfen noch ein paar Blicke auf historische Gebäude: Rathaus, Postgebäude und die Kathedrale Notre-Dame. Letztere ist wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Aber wir sind jetzt auch hungrig. Hungrig und nicht experimentierfreudig. Heute essen wir bei McDonald´s, da weiß man, was man hat!

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