Freitag, 2. März 2018
J.R., JFK und hausgemachte Pasta
Dienstag, 21.45 Uhr, irgendwann in den Achtzigern: Unsere ganze Familie sitzt gebannt vor dem Fernseher, denn es ist Zeit für eine neue Folge von „Dallas“! J.R., Sue Ellen, Bobby, Pamela, Lucy, Ray, Jock und Miss Ellie sind Teil meiner Jugend. Und heute besuchen Arnd und ich die echte Southfork Ranch! Es ist kühl, das Haus ist kleiner als gedacht (besonders der Pool!) und die Räume sehen anders aus, aber trotzdem fühlt es sich toll an zuhause bei den Ewings.



Die vielen Erinnerungsstücke im Museum tun ihr Übriges: Fotos, der umfassende Stammbaum der Familie Ewing (inklusive der zahllosen Geliebten von J.R.), Andenken wie Bourbonflaschen (es wurde praktisch immer getrunken), Original-Skripte, Zeitungsartikel und vieles mehr entführen uns in die fiktive Welt der Ölmagnaten. Auf dem großzügigen Gelände mit Weiden und Pferdeställen gibt es sogar einen kleinen Friedhof mit den Gräbern von Jock, Miss Ellie und J.R.



Ganz erfüllt trenne ich mich nur schwer von diesem Ort, aber wie so oft jagt ein Highlight das andere. Wir folgen der Aufforderung einer Werbebroschüre und fahren zum Sixth Floor Museum im Zentrum von Dallas. Sixth Floor? Von hier aus soll am 22. November 1963 John F. Kennedy erschossen worden sein. Das Museum nimmt die ganze Etage des damaligen Schulbuchdepots ein und schildert minutiös Leben und vor allem Sterben des Präsidenten. Bis heute gibt es Verschwörungstheorien und noch immer sind nicht alle Akten der Geheimdienste geöffnet. Viel Raum für Spekulation, der wir uns gern anschließen. Die kurzen Filme von Auftritten John F. Kennedys zeigen einen charismatischen Mann, dessen Reden mir Gänsehaut machen. Wer weiß, wie beispielsweise der Vietnamkrieg verlaufen wäre, wenn es das Attentat nicht gegeben hätte. Wäre Nixon jemals Präsident geworden? Man weiß es nicht.



Verschwörungstheorien machen hungrig. Ich habe die Nase voll von Fastfood und wünsche mir hausgemachte italienische Pasta. Und tatsächlich finden wir ein wunderbares italienisches Restaurant. Den Wein darf/muss man selbst mitbringen („Bring your bottle“) und meine Spinatravioli mit Vodkasauce sind klasse. Am Nebentisch sitzt April mit ihrer Mutter und ihrem Sohn. Ich bekomme mit, dass sie gern Wein trinken würde, aber keinen mitgebracht hat. Ich teile meinen Wein mit ihr und wir kommen ins Gespräch. Sie erzählt begeistert von ihrer Arbeit; sie unterrichtet Schauspiel und arbeitet gerade am Shakespeare-Stück „The taming of the shrew“. Es ist eine dieser wertvollen Begegnungen auf unserer Reise, so herzlich, so offen, so interessiert. Aprils Mutter Marlyn versorgt uns mit vielen Sightseeingtipps für die weitere Reise. April, Marlyn und ich verbinden uns über Facebook; meine Welt wird immer reicher.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 1. März 2018
Von Houston nach Dallas
Ich sage es ganz offen: Ich bin keine Freundin großer Hunde. Nach sechsstündiger Fahrt Richtung Norden von Houston nach Richardson bei Dallas empfängt uns in der neuen Unterkunft ein riesiger schwarzer Hund, der es offenbar liebt, Besucher anzuspringen und ihnen quer übers Gesicht zu schlecken. Ich flüchte zügig ins Gästezimmer, das wir für zwei Nächte bewohnen. Ali und Aaron sind unsere Gastgeber; außerdem gibt es noch ihren Teenagersohn. Sein Shirt outet ihn als Fan von Manchester United; Arnd favorisiert Arsenal und sofort haben die beiden ein Gesprächsthema.



Ich packe zum gefühlt hundertsten Mal den Koffer aus. Unser anschließendes Abendprogramm: Einkaufen bei Aldi, essen bei McDonald´s, neues Geld holen und dann ins Bett, Fernseher an und online „Dallas“ gucken – was sonst.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 28. Februar 2018
Wolfgang
Wolfgang lebt seit fünfundzwanzig Jahren in den USA; sein Deutsch ist amerikanisch eingefärbt. Mit ihm im Haus wohnt sein neunzehnjähriger Sohn Andrew; Stieftochter Amanda hat auch noch ein Zimmer, ist aber meist bei ihrem Freund. Wir erleben also einen reinen Männerhaushalt, wenn man von der dreibeinigen Hündin Mellow absieht.

Arnd und ich kennen Wolfgang aus der Schule; Arnd war gut mit ihm befreundet, ich hatte nicht so viel mit ihm zu tun. Vor zwei Jahren haben wir Wolfgang schon einmal hier besucht. Er ist eine Seele von Mensch; die Unterhaltung mit ihm macht mir Spaß, er hat einen wunderbaren Humor. Wir verbringen den Nachmittag auf dem Hundeplatz, damit Mellow sich austoben kann. Sie ist unglaublich schnell auf ihren drei Beinen - so schnell, dass man nicht einmal sieht, dass ein Bein fehlt. Wolfgang hatte sie kurz nach ihrem Unfall im Tierheim gefunden und kurzerhand adoptiert.



Später machen wir einen kleinen Ausflug erst zum Laden von Wolfgangs illustrer Exfreundin Beth, die von Dessous bis Dildos alles für Lust und Liebe verkauft, eine eigene Radioshow hat und Autorin des Buches „Love and Laughter“ ist und dann zur Billardhalle, wo wir drei schöne Runden spielen.



Jetzt sitze ich am Küchentresen und lasse mich von drei Männern bekochen. Es gibt Steaks, Mais und Mash Potatoes – so soll es sein! Nach dem sehr leckeren Essen machen wir uns eilig auf den Weg, um Wolfgangs aktuelle Freundin Kim in Katy, einem Vorort von Houston, zu treffen. Die Bar ist rustikal und mit Spielgeräten und Billardtischen ausgestattet. Das Bier ist günstig, es darf geraucht werden und auf der Bühne läuft lautstark eine Karaokeshow, was die Unterhaltung deutlich erschwert. Kim ist eine herzliche Frau und Wolfgang offenbar sehr zugetan. Überhaupt kann er sich nicht über mangelndes Interesse der Damenwelt beklagen; er scheint ein begehrter Junggeselle zu sein.



Auf dem Rückweg zeigt Wolfgang uns noch einige seiner Lieblingsplätze. Das Künstlerviertel Houston Heights mit den hübschen kleinen Häusern im viktorianischen Stil und einigen netten Gaststätten könnte mir gefallen. Hier kann man sich auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad fortbewegen - immer wieder etwas Besonderes in Städten wie Houston, die für den Autoverkehr gemacht zu sein scheinen.

... link (0 Kommentare)   ... comment