Montag, 25. Dezember 2017
Fast wie in Neumünster
„Oh, ist das eine echte Coach?! Wow!! Und so günstig?!“ So in etwa stelle ich mir den spitzen Schrei der Singapur-Chinesin vor, die die neue Coach ihrer Freundin neidisch begutachtet. Na, dafür musste die Freundin auch lange anstehen im Premium Outlet Johor. Was Neumünster für die Flensburger und die Dänen ist, ist das Outlet Johor wohl für Singapur. Ich betrachte die lange Schlange vor dem Geschäft, dessen Namen ich noch nie gehört habe – was um alles in der Welt ist dieses Coach?! Beim Näherkommen erkenne ich: Dort werden gar nicht mal so hübsche Taschen verkauft. Mit Discount, darum stehen die Kundinnen geduldig vor den Ladentüren wie vor´m Apple-Store, bis ihnen der Türsteher Einlass gewährt. Aber eigentlich locken alle Geschäfte mit scheinbar großzügigen Rabatten und die Leute kaufen wie immer, als gäbe es kein Morgen. Da unterscheidet sich die betuchte Chinesin nicht von der verhüllten Malaiin.

Ja, heute besuchen wir die einzige Sehenswürdigkeit Johor Bahrus, auf die Verlass ist - Shopping geht immer. Auf der Fahrt dorthin fallen uns einmal mehr die vielen leer stehenden Gebäude auf – Ruinen ebenso wie brandneue Bauten: Unüberschaubar große Areale mit Reihenhäuser, elend lange Häuserzeilen mit und ohne Ladenlokal im Erdgeschoss, Wohnanlagen von unglaublichen Ausmaßen – ein bisschen wie in Flensburg und man fragt sich: Wer soll hier bloß alles wohnen?! Ein Großteil der Immobilien steht zum Verkauf oder wird zur Vermietung angeboten. Oder zum Wiederverkauf: Klaus hat uns erzählt, dass viele Chinesen hier spekulativ kaufen. Die Nähe zu Singapur ist sicher verführerisch und vielleicht lohnt sich der Einsatz, wenn die Wege kürzer werden und es irgendwann vielleicht sogar eine Fährverbindung zwischen Malaysia und Singapur gibt. Aber ob eine größere Nähe in absehbarer Zeit politisch gewollt ist? Ich habe da so meine Zweifel.

Zurück zu unserem Besuch im Outlet: Hier gibt es Lindt-Schokolade und damit sind die nächsten Tage gerettet. Wir essen jeder ein Eis und Arnd kauft sich ein T-Shirt, das ist es dann auch schon. Gemütlich fahren wir zurück in den Abend des ersten Weihnachtsfeiertages. Wir gehen wieder runter an die Küste und werden angenehm überrascht: Es ist deutlich weniger los als gestern und die Geräuschkulisse wieder angenehm: Weihnachtliche Musik statt Lärm, wie schön! So verbringen wir heute den romantischen Abend, der mir gestern fehlte.

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Sonntag, 24. Dezember 2017
Zehn Minuten später
Jetzt sieht die Welt schon wieder anders aus. Wir hören Weihnachtsmusik und ich esse die letzte Lindt-Schokokugel. Notiz für morgen: Schokolade kaufen!

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Merry Christmas
Fröhliche Weihnachten 1

„Johor, the Jewel of Asia“, steht großmundig in der Broschüre. Also, Johor Bahru ist der blödeste Ort, der mir bisher auf unserer Reise untergekommen ist. Schon wieder ist das Royal Museum, das in allen Touristenführern so großartig angepriesen wird, geschlossen. Und das bereits seit drei Jahren, wie wir endlich in der Tourist-Information erfahren. Wegen Renovierung, die aber dieses Jahr abgeschlossen werden soll. Na, das wird wohl nichts mehr. Dafür schickt man uns zu einem anderen Museum, das garantiert geöffnet ist. Von wegen! Der bis an die schiefen Zähne bewaffnete junge Mann schickt uns freundlich weg – no entry.

Wir wandern durch die Heritage Road, die schön sein könnte, wenn nicht die meisten Läden verrammelt und verriegelt wären. Wir passieren einen Barber Shop. Ich sehe Arnd an: “Wolltest du nicht zum Friseur?!“ Arnd fühlt sich abenteuerlustig. Nach einer Stunde Wartezeit ist er dran und der Barber leistet ganze Arbeit. So kurz waren Arnds Haare noch nie – er könnte sofort beim Militär anheuern. Jung und adrett sieht er aus und ich küsse seinen nackten Nacken.



Fröhliche Weihnachten 2

Wir gehen zum Essen runter zur Puteri-Harbour-Amüsiermeile. Das hätten wir besser gelassen. Es ist laut und voller Chinesen, die zwar Rentierschmuck auf dem Kopf, aber absolut keinen Sinn für Weihnachten haben. Die Kellner sind überfordert und nicht in der Lage, unsere zwei Essen gleichzeitig an den Tisch zu bringen; zudem schmeckt es mir heute zum ersten Mal überhaupt nicht. Nein, das ist nicht schön. Ich frage mich, warum Chinesen immer so viel Lärm machen. Schon die Kleinsten tragen Schuhe, die Geräusche machen. Egal, wo Chinesen hier sind, immer umgibt sie eine Wolke von Lärm.

Jetzt sind wir wieder im Apartment und lassen den Abend einigermaßen ruhig ausklingen. Ich überlege: Wie soll Weihnachten sein für mich? Bestimmt nicht laut und lärmend, aber auch nicht so überfrachtet mit Konsumstress und Erwartungen wie zuhause. Schön wäre vielleicht ein Picknick am Meer oder das, was ich jetzt mache: Mit einem Glas Rotwein auf dem Balkon sitzen, mich von der warmen Nachtluft streicheln lassen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen…

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Samstag, 23. Dezember 2017
I´m dreaming of a white christmas – och, nö
Ich sitze bei Kerzenschein in unserem Apartment am Tisch, trinke Rotwein und höre Weihnachtsmusik. Gerade haben wir Spaghetti gegessen und vorher mit zuhause telefoniert, via FaceTime. Auch dort keine weiße Weihnacht, sondern 8 Grad. Wir haben durchgehend um die 30 Grad und ich vermisse das nasskalte Wetter kein bisschen.

Mit dem Vermissen ist das sowieso so eine Sache. Ich glaube, wir sind tatsächlich aus den Augen, aus dem Sinn. Unsere Liebsten lesen mein Geschreibsel – wenn überhaupt – nur sporadisch und mit starker Zeitverzögerung. Wie sonst erklären sich Fragen wie: „Wo seid ihr eigentlich gerade?“ Aber wer will es euch verdenken, ihr habt euer eigenes Leben.

Ich schreibe trotzdem jeden Tag; es ist schließlich unser Reisetagebuch. Deutschland ist im Weihnachtswahn, wir haben uns erfolgreich ausgeklinkt. Tatsächlich wissen wir noch nicht einmal, was wir morgen machen. Gleichzeitig genieße ich diese merkwürdige Stimmung, die mich immer überkommt, wenn ich Weihnachtsmusik an exotischen Orten höre. Ich war neunundzwanzig, als es mir zum ersten Mal so ging. Damals verbrachte ich das Winterhalbjahr auf Fuerteventura und mein Vater ließ mir das Flensburger Tageblatt schicken, damit ich mein Zuhause nicht vergesse.

Hier in Puteri Harbour fühle ich mich gerade ein bisschen wie zwischengeparkt. Wir haben viel Zeit und Ruhe, ich lese und höre Bücher, wir machen Sport und braten in der Sonne. Außerdem verbessere ich meine Billardtechnik – heute habe ich jedes Spiel gewonnen. In ruhigen Momenten beschleicht mich die Frage nach dem Sinn des Lebens, die ich noch immer nicht beantworten kann. Wenn der Sinn des Lebens aber das Leben an sich ist, dann sind wir gut dabei.

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