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Samstag, 23. Dezember 2017
I´m dreaming of a white christmas – och, nö
anjaontour, 14:48h
Ich sitze bei Kerzenschein in unserem Apartment am Tisch, trinke Rotwein und höre Weihnachtsmusik. Gerade haben wir Spaghetti gegessen und vorher mit zuhause telefoniert, via FaceTime. Auch dort keine weiße Weihnacht, sondern 8 Grad. Wir haben durchgehend um die 30 Grad und ich vermisse das nasskalte Wetter kein bisschen.
Mit dem Vermissen ist das sowieso so eine Sache. Ich glaube, wir sind tatsächlich aus den Augen, aus dem Sinn. Unsere Liebsten lesen mein Geschreibsel – wenn überhaupt – nur sporadisch und mit starker Zeitverzögerung. Wie sonst erklären sich Fragen wie: „Wo seid ihr eigentlich gerade?“ Aber wer will es euch verdenken, ihr habt euer eigenes Leben.
Ich schreibe trotzdem jeden Tag; es ist schließlich unser Reisetagebuch. Deutschland ist im Weihnachtswahn, wir haben uns erfolgreich ausgeklinkt. Tatsächlich wissen wir noch nicht einmal, was wir morgen machen. Gleichzeitig genieße ich diese merkwürdige Stimmung, die mich immer überkommt, wenn ich Weihnachtsmusik an exotischen Orten höre. Ich war neunundzwanzig, als es mir zum ersten Mal so ging. Damals verbrachte ich das Winterhalbjahr auf Fuerteventura und mein Vater ließ mir das Flensburger Tageblatt schicken, damit ich mein Zuhause nicht vergesse.
Hier in Puteri Harbour fühle ich mich gerade ein bisschen wie zwischengeparkt. Wir haben viel Zeit und Ruhe, ich lese und höre Bücher, wir machen Sport und braten in der Sonne. Außerdem verbessere ich meine Billardtechnik – heute habe ich jedes Spiel gewonnen. In ruhigen Momenten beschleicht mich die Frage nach dem Sinn des Lebens, die ich noch immer nicht beantworten kann. Wenn der Sinn des Lebens aber das Leben an sich ist, dann sind wir gut dabei.
Mit dem Vermissen ist das sowieso so eine Sache. Ich glaube, wir sind tatsächlich aus den Augen, aus dem Sinn. Unsere Liebsten lesen mein Geschreibsel – wenn überhaupt – nur sporadisch und mit starker Zeitverzögerung. Wie sonst erklären sich Fragen wie: „Wo seid ihr eigentlich gerade?“ Aber wer will es euch verdenken, ihr habt euer eigenes Leben.
Ich schreibe trotzdem jeden Tag; es ist schließlich unser Reisetagebuch. Deutschland ist im Weihnachtswahn, wir haben uns erfolgreich ausgeklinkt. Tatsächlich wissen wir noch nicht einmal, was wir morgen machen. Gleichzeitig genieße ich diese merkwürdige Stimmung, die mich immer überkommt, wenn ich Weihnachtsmusik an exotischen Orten höre. Ich war neunundzwanzig, als es mir zum ersten Mal so ging. Damals verbrachte ich das Winterhalbjahr auf Fuerteventura und mein Vater ließ mir das Flensburger Tageblatt schicken, damit ich mein Zuhause nicht vergesse.
Hier in Puteri Harbour fühle ich mich gerade ein bisschen wie zwischengeparkt. Wir haben viel Zeit und Ruhe, ich lese und höre Bücher, wir machen Sport und braten in der Sonne. Außerdem verbessere ich meine Billardtechnik – heute habe ich jedes Spiel gewonnen. In ruhigen Momenten beschleicht mich die Frage nach dem Sinn des Lebens, die ich noch immer nicht beantworten kann. Wenn der Sinn des Lebens aber das Leben an sich ist, dann sind wir gut dabei.
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Freitag, 22. Dezember 2017
Abend mit Klaus
anjaontour, 17:35h
Ich habe ja doch leichte Kopfschmerzen nach gestern, raffe mich aber auf und beginne den Tag mit einer Runde im Pool. Dann macht Arnd uns amerikanisches Frühstück mit Bacon & Eggs. Heute hat Matti Geburtstag; mein Sohn wird achtzehn. Sorry for not being with you. Eine Überweisung ist unterwegs und mit Freunden zu feiern ist mit Sicherheit cooler als mit Mama. Meine Gedanken sind bei meinem Kind; wir machen FaceTime und ich sehe, es geht ihm gut.
Ich verbringe den größten Teil des Tages am Pool und bilde mich mit einem Hörbuch aus der Onleihe der Flensburger Stadtbibliothek weiter: „Und Marx stand still in Darwins Garten“ von Ilona Jerger. Beim anschließenden Billard unterliege ich hoffnungslos – Arnd gewinnt haushoch. Dann sind wir mit unserem Vermieter Klaus verabredet; er will uns ausführen. Zum Aperitif fahren wir hoch zu ihm in den dreiunddreißigsten Stock. In der Tiefgarage besteigen wir dann seinen VW Polo und Klaus fährt uns in die Wallapampa. Hier leben malaiische Ureinwohner - arm, aber glücklich.
Arnd sieht mich zweifelnd an. Hier sollen wir essen?! Die Wege sind unbefestigt, Hunde und Kinder laufen herum, die Hütten sind mit Brettern vernagelt. Klaus parkt das Auto und wir gehen über einen wenig Vertrauen erweckenden Holzsteg. Am Ende erwartet uns tatsächlich ein auf Stelzen gebautes Restaurant. Klaus bestellt Langusten und Fisch mit Reis und grünem Blattgemüse. Dazu gibt es Bier aus großen Flaschen. Lecker!

Klaus redet ohne Punkt und Komma – über Korruption, Malaien und Chinesen, Singapur und die Macht des Geldes. Es ist nicht ganz leicht, ihm zu folgen. Ich verstehe, dass ihm die einfachen Menschen am Herzen liegen. Die Malaien seien nicht ehrgeizig, würden aber auch nicht gefördert, sondern mit sozialen Wohltaten klein gehalten. Ganz im Gegensatz zu den Singapurianern und Chinesen, die das Geldmachen augenscheinlich erfunden haben.
Ich glaube, wir haben hier einen Zipfel von Malaysia zu fassen, den bestimmt nicht viele Ausländer kennenlernen. Wir werden von sehr freundlichen jungen Leuten bedient und ich fühle mich richtig wohl. Aus der Küche erklingt Weihnachtsmusik; das Lokal nebenan ist heute bereits wegen Weihnachtsurlaub geschlossen. Auch in Flensburg sind die Weihnachtsvorbereitungen in vollem Gange und bestimmt sind die Gefühle hier und dort gar nicht so verschieden.
Ich verbringe den größten Teil des Tages am Pool und bilde mich mit einem Hörbuch aus der Onleihe der Flensburger Stadtbibliothek weiter: „Und Marx stand still in Darwins Garten“ von Ilona Jerger. Beim anschließenden Billard unterliege ich hoffnungslos – Arnd gewinnt haushoch. Dann sind wir mit unserem Vermieter Klaus verabredet; er will uns ausführen. Zum Aperitif fahren wir hoch zu ihm in den dreiunddreißigsten Stock. In der Tiefgarage besteigen wir dann seinen VW Polo und Klaus fährt uns in die Wallapampa. Hier leben malaiische Ureinwohner - arm, aber glücklich.
Arnd sieht mich zweifelnd an. Hier sollen wir essen?! Die Wege sind unbefestigt, Hunde und Kinder laufen herum, die Hütten sind mit Brettern vernagelt. Klaus parkt das Auto und wir gehen über einen wenig Vertrauen erweckenden Holzsteg. Am Ende erwartet uns tatsächlich ein auf Stelzen gebautes Restaurant. Klaus bestellt Langusten und Fisch mit Reis und grünem Blattgemüse. Dazu gibt es Bier aus großen Flaschen. Lecker!

Klaus redet ohne Punkt und Komma – über Korruption, Malaien und Chinesen, Singapur und die Macht des Geldes. Es ist nicht ganz leicht, ihm zu folgen. Ich verstehe, dass ihm die einfachen Menschen am Herzen liegen. Die Malaien seien nicht ehrgeizig, würden aber auch nicht gefördert, sondern mit sozialen Wohltaten klein gehalten. Ganz im Gegensatz zu den Singapurianern und Chinesen, die das Geldmachen augenscheinlich erfunden haben.
Ich glaube, wir haben hier einen Zipfel von Malaysia zu fassen, den bestimmt nicht viele Ausländer kennenlernen. Wir werden von sehr freundlichen jungen Leuten bedient und ich fühle mich richtig wohl. Aus der Küche erklingt Weihnachtsmusik; das Lokal nebenan ist heute bereits wegen Weihnachtsurlaub geschlossen. Auch in Flensburg sind die Weihnachtsvorbereitungen in vollem Gange und bestimmt sind die Gefühle hier und dort gar nicht so verschieden.
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Ladies night
anjaontour, 19:01h
„Du bist sehr direkt. Bist du Psychologin oder sowas?“, fragt mich Klaus, unser Vermieter. Heute ist Ladies Night im Rock Bottom und dementsprechend angeschickert bin ich. Trotzdem höre ich Klaus zu und analysiere auch noch so nebenbei die Psyche meines australischen Gegenübers. Gelernt ist gelernt und Erfahrung ist Erfahrung. Überall auf der Welt haben Menschen ihre Probleme und die meisten haben ihren Ursprung in familiären Konstellationen. Es ist schön, dass mir wieder einmal jemand sein Herz ausschüttet und ich darüber nachdenken kann, was dieser Mensch braucht.
Nach einem halben Tag am Pool, einer Stunde im Fitnessraum und zwei Stunden bei Tesco genießen wir den Abend am Hafen. Wir kommen ins Gespräch und ich weiß: ich bin gut in meinem Job, auch wenn ich ihn momentan nur sporadisch ausübe. Die größte Freude habe ich, wenn ich jemanden vor mir habe, der mir erlaubt, nein, mich darum bittet, mit ihm auf Spurensuche zu gehen. Was ist Ursprung seiner Probleme und was könnten Lösungen sein?
Zuhause habe ich schon vielen Menschen geholfen. Ich bin unvoreingenommen und interessiert, das ist der Schlüssel, denke ich. Ich finde die menschliche Psyche so spannend und ich genieße jede Gelegenheit, mich damit zu beschäftigen. Manchmal fehlen mir diese tief gehenden Gespräche; umso schöner ist es, wenn es spontan zu einem solchen kommt – so wie heute.
Nach einem halben Tag am Pool, einer Stunde im Fitnessraum und zwei Stunden bei Tesco genießen wir den Abend am Hafen. Wir kommen ins Gespräch und ich weiß: ich bin gut in meinem Job, auch wenn ich ihn momentan nur sporadisch ausübe. Die größte Freude habe ich, wenn ich jemanden vor mir habe, der mir erlaubt, nein, mich darum bittet, mit ihm auf Spurensuche zu gehen. Was ist Ursprung seiner Probleme und was könnten Lösungen sein?
Zuhause habe ich schon vielen Menschen geholfen. Ich bin unvoreingenommen und interessiert, das ist der Schlüssel, denke ich. Ich finde die menschliche Psyche so spannend und ich genieße jede Gelegenheit, mich damit zu beschäftigen. Manchmal fehlen mir diese tief gehenden Gespräche; umso schöner ist es, wenn es spontan zu einem solchen kommt – so wie heute.
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Mittwoch, 20. Dezember 2017
Singapur, zweiter Versuch
anjaontour, 18:06h
Neuer Tag, neues Glück. Wir sehen uns an und entscheiden spontan. Da steht ein Grabtaxi, wir steigen ein und lassen uns noch einmal zur Grenze fahren. Heute wollen wir alles richtig machen und kontrollieren den Pass dreimal – ja, wir haben den Ausreisestempel! Aber der Weg nach Singapur ist lang. Eigentlich sind es ja nur zwanzig Kilometer, aber für die Strecke braucht man mindestens zwei Stunden. Taxi – Bus – Grenzkontrolle Ausreise – Bus – Grenzkontrolle Einreise – Bus – Metro. Aber wir schaffen das und gegen Mittag sind wir tatsächlich in Singapur!
Und was soll ich sagen? Es ist schön hier. Die Wege sind sauber und die Luft lädt zum Atmen ein. Auch für Arnd ist gesorgt; es gibt immer wieder Raucherplätze und unsere Befürchtungen, wir würden uns durch viele Verbote eingeengt fühlen, bewahrheiten sich nicht. Wir neigen ohnehin nicht dazu, mit unserem Müll um uns zu schmeißen oder auf die Straße zu spucken. Singapur wirkt sehr europäisch und gilt nicht umsonst als Stadt für Asieneinsteiger.
Wir nehmen die Metro zum Raffles Place und sind ganz schnell am Singapore River. Am Ufer eine Reihe Restaurants; das passt gut, wir sind hungrig. Der Wirt erzählt, dass der Fluss von 1977 an zehn Jahre lang systematisch von Hausbooten, Dreck und Gestank befreit wurde. Später beobachten wir tatsächlich wild lebende Otter im Wasser, die ihre gerade gefangenen Fische fressen.
Auch wir essen Fish & Chips und machen uns dann auf den Weg zur National Gallery. Nicht nur die Ausstellungen sind beeindruckend. Vor allem die Architektur des Gebäudes fasziniert uns. Man hat zwei historische Gebäude - City Hall und Supreme Court - sehr gelungen miteinander verbunden. Und es gibt begehbare Kunstwerke, das macht Spaß!

Irgendwann sind wir wieder draußen und wandern zum Wahrzeichen Singapurs, dem Merlion. Hier wird fotografiert, was das Zeug hält.

Wir flanieren weiter, bewundern die so unglaublich großzügig angelegte futuristische Innenstadt und landen schließlich am Singapore Flight, dem Riesenrad. Wir besteigen eine der großen geschlossenen Gondeln mit Platz für zwanzig oder mehr Personen und lassen uns hoch über die Stadt tragen – ein gelungener Abschluss des Tages.

Wenn da nicht noch die umständliche Rückfahrt wäre… Um 20 Uhr brechen wir auf, gegen 23 Uhr sind wir zuhause. Viel Zeit für einen Katzensprung.
Und was soll ich sagen? Es ist schön hier. Die Wege sind sauber und die Luft lädt zum Atmen ein. Auch für Arnd ist gesorgt; es gibt immer wieder Raucherplätze und unsere Befürchtungen, wir würden uns durch viele Verbote eingeengt fühlen, bewahrheiten sich nicht. Wir neigen ohnehin nicht dazu, mit unserem Müll um uns zu schmeißen oder auf die Straße zu spucken. Singapur wirkt sehr europäisch und gilt nicht umsonst als Stadt für Asieneinsteiger.
Wir nehmen die Metro zum Raffles Place und sind ganz schnell am Singapore River. Am Ufer eine Reihe Restaurants; das passt gut, wir sind hungrig. Der Wirt erzählt, dass der Fluss von 1977 an zehn Jahre lang systematisch von Hausbooten, Dreck und Gestank befreit wurde. Später beobachten wir tatsächlich wild lebende Otter im Wasser, die ihre gerade gefangenen Fische fressen.
Auch wir essen Fish & Chips und machen uns dann auf den Weg zur National Gallery. Nicht nur die Ausstellungen sind beeindruckend. Vor allem die Architektur des Gebäudes fasziniert uns. Man hat zwei historische Gebäude - City Hall und Supreme Court - sehr gelungen miteinander verbunden. Und es gibt begehbare Kunstwerke, das macht Spaß!

Irgendwann sind wir wieder draußen und wandern zum Wahrzeichen Singapurs, dem Merlion. Hier wird fotografiert, was das Zeug hält.

Wir flanieren weiter, bewundern die so unglaublich großzügig angelegte futuristische Innenstadt und landen schließlich am Singapore Flight, dem Riesenrad. Wir besteigen eine der großen geschlossenen Gondeln mit Platz für zwanzig oder mehr Personen und lassen uns hoch über die Stadt tragen – ein gelungener Abschluss des Tages.

Wenn da nicht noch die umständliche Rückfahrt wäre… Um 20 Uhr brechen wir auf, gegen 23 Uhr sind wir zuhause. Viel Zeit für einen Katzensprung.
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