Samstag, 28. April 2018
Else, Dine und ich
„Sie scherte sich nicht um Verhaltensregeln und war ein Ausbund an Natürlichkeit, Offenherzigkeit und Impulsivität. Sie war klug, witzig, überströmend in ihrer Liebe, Vitalität und Großzügigkeit. Sie kannte keine Konventionen, keine Berechnung, keine Prätentionen. Sie war echt und elementar. Und gleichzeitig hatte sie einen scharfen Intellekt, war in ihrem Denken schnell, beweglich und selbständig. Ja, sie war anders, weil sie autonom war. Sie fiel aus dem Rahmen, war stark und machte sich ihre eigenen Gesetze. Sie liebte das Künstlerische, war neugierig auf das Leben. Es war ihr vollkommen egal, was die Leute über sie dachten.“

Man ahnt es schon, ich lese ein neues Buch. Dine, eine Großcousine meines Vaters und liebe Freundin, hat es mir gegeben mit der Widmung: „Für Anja, bleib so, wie du bist. Dine“. Das Buch heißt „Du bist nicht so wie andre Mütter“; Angelika Schrobsdorff beschreibt darin ihre Mutter Else (siehe oben).



Dine sagt, Else erinnere sie an mich. Jetzt, als ich über Else lese, empfinde ich das als Riesenkompliment. Ich glaube schon, dass ich ein bisschen so bin, aber Dine, da ist noch viel Luft nach oben. Fest steht: Ich will gerne mehr so werden. Else gefällt mir.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 27. April 2018
Take your time
Was ist der sehnlichste Wunsch der Frauen? Nach unserem Trainingsprogramm lese ich auf der Sonnenterrasse mein Buch zu Ende. An einer Stelle geht es um eben diese Frage. Die Antwort: Frauen wünschen sich nichts sehnlicher als Souveränität, also die Kontrolle über ihr eigenes Leben.



Souveränität, das ist das Recht, frei nach eigenem Ermessen zu handeln. Wer souverän ist, bestimmt eigenständig über sich und sein Leben, ist also nicht fremdbestimmt. Im Buch geht es um eine Geschichte aus dem Mittelalter, als es „radikal und schockierend“ war, wenn eine Frau Souveränität forderte, heute sei das selbstverständlich.

Ich denke über diese Worte nach. Ist es heute tatsächlich selbstverständlich, souverän über sein eigenes Leben zu bestimmen?

Wenn ich dich frage, ob du selbst über dich und dein Leben bestimmst, wirst du vielleicht noch ja sagen, aber was ist, wenn ich dich frage, ob du selbst über deine Zeit bestimmst? Tja, deine Zeit ist dein Leben, oder?

Ich behaupte, nicht nur Frauen, sondern die meisten Menschen sind mehr oder weniger fremdbestimmt. Wenn ich daran denke, wie ich ganz frech und trotz aller Widerstände über mich und vor allem meine Zeit (!) selbst bestimme, dann weiß ich genau, dass das alles andere als selbstverständlich ist und auch eine Menge Neider auf den Plan ruft.

Ich glaube, nur wer selbst über seine Zeit bestimmt, ist wirklich souverän. Anders ausgedrückt: Frauen (und Männer?) wünschen sich nichts sehnlicher, als selbst über ihre Zeit zu bestimmen. Wenn das so ist: Take your time, es ist deine!

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 26. April 2018
Zeit und Raum
Mir schwirrt der Kopf. Auch wenn ich heute nur ganz wenigen Leuten persönlich begegne (eigentlich nur Arnd) und die Wohnung lediglich verlasse, um mit dem Fahrstuhl in den achten Stock ins Fitnessstudio zu fahren, bevölkert eine ganze Reihe Menschen meinen Kopf. Schon vor dem Frühstück lese ich im Handy und im iPad die Nachrichten, die über Nacht reingekommen sind. Flensburg ist neun Stunden voraus; wenn wir hier ins Bett gehen, beginnt dort der Tag und manchmal überschlagen sich die Ereignisse. Was ich aber auch lerne: Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

Fast täglich telefoniert Arnd mit seiner Mutter; heute führt er Debatten mit seinem Bruder. Ich spreche regelmäßig mit meiner Mutter und meinen Kindern; heute diskutiere ich mit meinen Schwestern. Immer wieder sind geschäftliche Dinge zu besprechen – warte ich bis Mitternacht oder stehe ich zeitig auf, damit ich meine Gesprächspartner erwische oder reicht eine Mail? Ein Freund braucht Hilfe; wann ist die beste Zeit zum Telefonieren?

Normalerweise beantworte ich Nachrichten sofort; jetzt liegen oft Stunden zwischen Empfang und Antwort und weil es dann sowieso schon egal ist, nehme ich mir noch etwas mehr Zeit zum Nachdenken, was der Antwort durchaus gut tut. Jetzt ist es 19.30 Uhr. Ein kurzer Blick auf die Wetter-App zeigt: Flensburg schläft noch (es ist 4.30 Uhr) und Bali ist schon wieder wach (10.30 Uhr). Ob ich mich auf die Rückkehr in die gleiche Zeitzone freue? Nein, eigentlich nicht.

... link (0 Kommentare)   ... comment