Montag, 16. April 2018
Frisco im Regen
Wir sind wieder mit dem Fahrrad unterwegs – die Reisetipps meiner Schwester bestimmen heute die Richtung. Vor dem de Young Museum soll es einen „riesigen Riss“ geben, den Andy Goldsworthy, „ein verschrobener englischer Künstler“ verursacht hat. Wieder ist viel los im Golden Gate Park. Leute machen Sport, feiern Geburtstag, spielen mit Hunden, gehen spazieren.



Wir passieren einen malerischen Wasserfall, sehen einer Gruppe von Tänzern zu („Lindy in the park: Free Swing Dance Lessons every Sunday 12:00“), essen Hotdogs bei Annie´s (!) und besichtigen schließlich den ziemlich unspektakulären Riss, der sich aber immerhin durch mehrere Steinblöcke zieht. Drumherum ist es hübsch: der Expo 1894 verdankt der Park den Japanischen Teegarten und etliche Skulpturen.



Hübsch, aber kühl. Und dann fallen die ersten Regentropfen. Trotzdem will ich unbedingt noch zu den bunten Mosaiktreppen, die auch so ziemlich auf dem Heimweg liegen. Also raus aus dem Golden Gate Park und bergauf, bergab durch immer mehr Regen. Mit klammen Fingern mache ich ein, zwei Fotos von den bunten Stufen, dann geht es weiter.



Bald sind wir patschnass. Die Luft ist kalt, ich friere und das Atmen tut weh. Ich strample mir die Lunge aus dem Leib; noch zwanzig Blocks. Kurz stellen wir uns in einem chinesischen Supermarkt unter und werden ungläubig angestarrt: Radtour im Regen – wer macht denn sowas?! Zuhause angekommen, brauche ich eine heiße Dusche, trockene Kleidung und einen Cappuccino mit einem guten Schuss Brandy. Als draußen die Wolkendecke aufreißt, werde ich auch innerlich langsam wieder warm. Heute erinnert San Francisco mich ganz stark an unsere Flensburger Heimat...

... link (1 Kommentar)   ... comment


Sonntag, 15. April 2018
Frisco
Wir satteln die Pferde (Fahrräder) und los geht´s. Immer am Strand lang, bis es Arnd nicht mehr auf dem Stahlross hält und er sich die Volleyballfelder aus der Nähe ansehen muss. Ich sonne mich derweil im warmen Sand; dann fahren wir weiter zum Cliffhouse. Hier erfahren wir Erstaunliches über ein riesiges Meerwasserstrandbad, das einstmals Lands End krönte.



Geboren 1830 in Aachen am 29. April - mein Geburtstag! (übrigens: auch Herr Hearst wurde an einem 29. April geboren!) - und 1850 ausgewandert in die USA, wird Adolph Sutro reich durch die Förderung von Silber. Er kauft ganz viel Land in traumhafter Lage und baut Sutro Baths, ein Bad mit sieben unterschiedlich temperierten Pools, fünfhundert Umkleideräumen, dreitausendsiebenhundert Zuschauerplätzen, Restaurants, Spielräumen und einem Museum. Zweimal wechselt das Land nach Sutros Tod den Besitzer, dann brennt jemand die Gebäude nieder und statt des geplanten Apartmentkomplexes wird Lands End Teil des Golden Gate Parks – zum Glück!



Der Tag beschenkt uns mit ganz viel Sonnenschein und wir radeln weiter durch besagten Park. Ein Tag der Tiere: Erst sichten wir zwei Wale, dann Bisons und schließlich eine Eulenfamilie. Ein Tag der Erinnerungen; es ist, als führen wir durch lauter bekannte Szenerien: Vejers Strand, Solitüde, Sylt, Hiddensee – so sieht es hier aus. San Francisco präsentiert sich entspannt und naturnah.



Wir beschließen, auswärts zu essen und landen in einer Bierbar mit Fingerfood-Angebot. Interessant: Arnds Bier nennt sich Weetos und ist angeblich mit THC versetzt. Ich trinke ein paar Schlucke und bin von jetzt auf gleich unbesiegbar. Nein, das ist natürlich Quatsch. Keine Macht den Drogen!

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 14. April 2018
Durch San Francisco in zerriss´nen Jeans
Ich betrachte die Golden Gate Bridge und das Lied von Udo Jürgens kommt mir in den Sinn:

„Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawaii.
Ging nie durch San Francisco in zerriss'nen Jeans.
Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals richtig frei.
Einmal verrückt sein und aus allen Zwängen flieh'n.“

Ich war schon in New York (vor mehr als zwanzig Jahren), jetzt bin ich in San Francisco (tatsächlich in zerrissenen Jeans) und nach Hawaii komme ich auch noch. Ich weiß, wie sich Fernweh anfühlt und ich kenne die Sehnsucht nach Freiheit nur zu gut. Ich bin dem Alltag entkommen, ich reise um die Welt.

San Francisco ist wieder so ein Sehnsuchtsort. Der Blick über das Meer und die Golden Gate Bridge erinnern an Sydney – unser Besuch dort scheint schon ewig lange her zu sein, genau wie die Zeit in Saigon, Siem Reap und Kuala Lumpur, Puteri Harbour und Singapur. Wahnsinn, wo wir überall waren im letzten halben Jahr!



Aber fühle ich mich frei? „Freedom´s just another word for nothing left to lose“, singt Janis Joplin und sie hat recht. Oft bin ich mit meinen Gedanken bei den Daheimgebliebenen, wache mitten in der Nacht auf und rechne aus, wie spät es gerade in Deutschland ist. Wann mache ich mich endlich frei von dem Wahn, dass ohne mich nichts geht?! Mehr Vertrauen wäre gut; die meisten Dinge liegen ohnehin außerhalb meiner Kontrolle – genau wie das Innenleben unseres Ford Explorers.

Wir fahren über die Golden Gate Bridge und dann durch den bezaubernden Küstenort Sausalito, als wir komische Geräusche hören. Die nächste Werkstatt ist unsere und die Vermutung bestätigt sich: irgendwas ist mit der Radaufhängung – ein Problem, das sich schon länger abzeichnet und jetzt nicht mehr ignoriert werden kann. Der nette Chinese gibt sich redlich Mühe, uns ein Angebot zu machen. Als ich später im Internet die deutsche Übersetzung für ein Ersatzteil suche, finde ich mehr oder weniger zufällig deutlich bessere Preise. Vertrauen ist gut, aber es gibt auch Momente, da ist Kontrolle dann doch wieder besser.

... link (0 Kommentare)   ... comment